Was wir schon lange wissen: So wie jetzt, kann es mit der Kleidungsindustrie nicht weitergehen, denn sie ist der zweit größte Umweltsünder nach der Ölindustrie. Kein Wunder also, dass jedes Unternehmen nun auf der Nachhaltigkeitswelle mit schwimmen möchte. Hier passiert es jedoch schnell, dass mehr Greenwashing betrieben wird, anstatt interne Umstrukturierung und langfristig nachhaltige Lösungen. Wie du das vermeidest und dein Modelabel nachhaltig gestaltest, erfährst du in diesem Artikel.
Natürlich gibt es zahlreiche Marken, die angeben nachhaltig zu agieren. Aber eins Vorweg: Gerade für riesige Modekonzerne ist es unmöglich innerhalb kurzer Zeit Prozesse im Follow-Up umzustrukturieren und damit vollständig umweltbewusst zu handeln. Hier spielen nämlich zu viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Für kleine Unternehmen und Mode Start-ups dies schneller machbar, indem sie sich ihre Flexibilität zum Vorteil zu machen. Sie können die Themen aufarbeiten, die für Fashiongiganten unmöglich umsetzbar sind.
Folgende 10 Schritte helfen dir, das du dein Konzept verbesserst und dein Modelabel nachhaltig gestaltest:
1. Stoffe sind das A&O
Damit du dein Modelabel nachhaltig gestaltest, spielt Qualität eine große Rolle. Informiere dich genau, woher deine Stoffe stammen, selbst wenn sie mit Zertifizierungen gekennzeichnet sind. Am besten bietest du zudem Produkte aus reinen Naturfasern an, wie Baumwolle, Leinen, etc. Gemische aus erdölbasierenden Stoffen, wie Polyester und natürlichen Fasern können kaum recycelt werden. Zudem wird während des Waschvorgangs eine Menge an Mikroplastik in unsere Abwässer gespült, die im Anschluss in den Weltmeeren landen. Vermeide also generell die Verwendung von Kunstfasern. Bist du dir bei einer Ware unsicher, ob toxische Färbeprozesse, Weichmacher etc. im Spiel sind, kannst du eine Probe an ein unabhängiges Textillabor senden.
2. Zutaten
In Form von Knöpfen, Reisverschlüssen, usw. Bei den Reißverschlüssen wird das Ganze schon etwas komplizierter, denn es gibt kaum Alternativen zu Kunststoff- oder metallischen Reißverschlüssen. Vielleicht lässt sich dein Design durch eine Alternative Verschlussvariante umgehen. Bei Knöpfen gibt es einige nachhaltige Optionen, wie: Nüsse, Holz, Stein, Muscheln und das sind sind nur einige davon.
3. Garne
Die meisten vergessen, dass es ebenso wichtig ist bei den Garnen auf Nachhaltigkeit zu achten, was die Zusammensetzung betrifft. Optimal sind hier natürlich Baumwollgarne. Diese findest du bei ausgewählten Lieferanten, die meist auch nachhaltige Meterware verkaufen.
4. Verpackungsmaterial
Vermeide unbedingt Plastik!!! Vor allem, wenn deine Lieferanten innerhalb Europas ansässig sind, ist dies leicht umzusetzen. Sollte deine Ware länger unterwegs sein, ist dies oftmals nicht möglich, da durch die hohe Luftfeuchtigkeit oft Schimmel entstehen kann. Aber auch hier gibt es mittlerweile super Alternativen, wie Tüten und Beutel aus Zuckerrohr. Aber nicht nur beim Transport, sondern auch während des Verkaufs und der Paketzustellung kannst du darauf achten, nachhaltige und umweltschonende Materialien* zu verwenden. Denke dabei z. B. an Preisschilder, Klebebänder oder Einkauftüten.
5. Kurze Transportwege
Wünschenswert wäre die Vermeidung von Luftwegen, da Flugzeuge eine Menge an CO² ausstoßen. Das trägt natürlich unter anderem dazu bei, dass die Modebranche der zweit größte Umweltverschmutzer ist. Im besten Fall siehst du dich nach einem Produzenten in einem unserer Nachbarländer oder in Deutschland selbst um. Kleiner Tipp: Kontaktiere Behindertenwerkstätten, die kleine Produktionsmengen übernehmen können. So sorgst du nicht nur für einen nachhaltigen Aspekt, sondern bist gleichzeitig auch sozial engagiert. Außerdem findest du in meinem Modedienstleisterverzeichnis eine kleine Auswahl an Produktionsstätten innerhalb Europas.
6. Ressourcen sparen
Befasse dich mit dem Thema 3D-Darstellung oder kontaktiere einen Designer, der sich damit auskennt. Hiermit umgehst du eine Vielzahl von Prototypen, die zur Passformkontrolle notwendig sind, bevor die eigentliche Produktion starten kann. Durch 3D-Programme lassen sich die Schnitte optimal an einem Dummy erproben. Das Modell kann natürlich auf die Maße und das Aussehen deiner Zielgruppe angepasst werden. Des Weiteren kannst du alte Zeitschriften, die nicht mehr verwendet werden, als Inspirationsquelle nutzen, indem du Collagen aus ausgeschnitten Artikeln erstellst. So landen die Zeitschriften nicht im Müll, sondern dienen zum Teil einem neuen Zweck.
7. Faire Arbeitsbedingungen
Angemessene Arbeitszeiten, faire Löhne, Arbeitsschutz, keine Kinderarbeit und soziale Absicherungen wünschen wir uns alle im Arbeitsleben. Diese Richtlinien sind auch der Maßstab für eine gute Unternehmenspolitik und glückliche Mitarbeiter. Gerade in Deutschland, wird immer mehr Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, das mögliche Homeoffice und das Mutter-Kind-Büro gelegt. Gerade als Start-up kannst du mit innovativen Ideen, sowohl das Arbeits- als auch Umweltklima fördern. Weitere Punkt sind Bezuschussungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrräder für Mitarbeiter oder Elektroauto-Ladestationen auf dem Firmengelände. Solltest du am Anfang deiner Karriere stehen, spielt das natürlich erstmal keine Rolle, aber für die Zukunft kannst du dir das auf jeden fall vormerken.
8. Mehr Transparenz durch QR-Codes
Mit einer der neusten Trends sind QR-Codes, um dem Kunden weitere Informationen zum jeweiligen Produkt zur Verfügung zu stellen. Denn Transparenz wird immer mehr gefordert. Wer technisch affin ist, kann auch kleine Clips zu dem Herstellungsprozess einzelner Teile filmen bzw. filmen lassen und diese anschließend hinter einem QR-Code platzieren – die Kunden werden überrascht sein.
9. Capsule Wardrobe
Die Capsule Wardrobe definiert sich anhand einer bestimmten Anzahl von Kleidungsstücken – ca. 30 bis 40 Stück – in dem Kleiderschrank einer Person. Diese sind optimal aufeinander abgestimmt und man kann sich perfekt für jeden Anlass kleiden. Entwerfe deine Kollektionen nach dem Prinzip der Capsule Wardrobe, denn so haben deine Kunden zeitlose Kombinationsmöglichkeiten ohne das das Kleidungsstück in der nächsten Saison in der Altkeidersammlung, oder noch schlimmer im Müll landet.
10. Aufklärung über Social Media
Aufklärungsarbeit zu deinem Unternehmen über Social Media ist heutzutage unumgänglich. Kunden bzw. Interessenten möchten wissen, womit du dich abhebst, welche Werte hinter deinem Unternehmen stecken und wie du das Thema Nachhaltigkeit aufgreifst. Dabei gibt es spezielle Influencer und Content Creator, die großen Wert auf Nachhaltigkeit legen. Lasse dich von ihnen inspirieren und schließe Kooperationen.
Einen Extra-Tipp habe ich noch für dich, wie du dein Modelabel nachhaltig gestaltest:
11. Schließe den Kreislauf
Durchdenke den Weg deiner Kleidungsstücke bis zum Ende. Biete deinem Kunden die Möglichkeit seine getragenen Modelle deiner Marke bei dir abzugeben, anstatt diese in den Müll zu werfen. Schließe dazu Kooperationen mit Textilrecyclern oder entwerfe aus den getragenen Teilen eine neue Upcycling-Kollektion. Achte darauf, dass sich wenig Einzelteile aus unterschiedlichen Materialien am Modell befinden, bzw. diese einfach zu entfernen sind, um sie ggf. wiederzuverwerten.
Generell gilt es zu hinterfragen, woher deine Produkte und Dienstleistungen, die du beziehst stammen. Informiere dich genau, wie die Gegebenheiten vor Ort sind. Vertrauen gegenüber dem Produzenten ist gut, persönliche Besuche sind aber besser. Diese tragen auch zum besseren gegenseitigen Verständnis bei.
Vermeide Werbe- und Marketingkampagnen, die du nicht einhalten kannst, denn nichts ist schlimmer, als das ein Mode Start-up mit Greenwashing enttarnt wird. Wenn du einzelne Produktionsschritte noch nicht nachhaltig ausführen kannst, begründe wieso und wohin die Tendenz in Zukunft vielleicht geht. Wenn dein Unternehmen die Werte von Ehrlichkeit und Transparenz vertritt, steht deinem Erfolg nichts mehr im Wege, denn Nachhaltigkeit ist die Zukunft.
Dieser Artikel wurde von meiner Designkollegin Karina Venturini verfasst.
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[…] im vorherigen Artikel „10 Schritte, wie du dein Modelabel auf ehrliche Art nachhaltig gestaltest“, habe ich das Thema Greenwashing in der Modeindustrie erwähnt. Hält man die Augen offen und […]